Joachim Poß (MdB)
Zu den täglichen steuerpolitischen Versprechungen und dem Wirrwarr in der Steuerpolitik der Union erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß:
Jetzt fällt wieder auseinander, was nicht zusammen passt: Die scheinbare Einigkeit der Union in der Steuerpolitik. Die Union versucht den Wählern seit langem vorzugaukeln, sie hätte abgestimmte und durchgerechnete Konzepte in der Steuer- und in anderen Politiken. Nichts davon ist wahr; jeden Tag kommen jetzt neue steuerpolitische Forderungen aus der Union, die nicht zusammenpassen. Lug und Trug bestimmen die Strategie der Union.
Die Wähler werden systematisch getäuscht. Zunächst sollte es radikale Steuervereinfachungen und massive Steuersenkungen geben, dazu noch eine Steuererklärung auf dem Bierdeckel. Nachdem die Finanzminister auch der unionsgeführten Bundesländer das Merz-Konzept einstimmig als sozial ungerecht und unfinanzierbar verworfen hatten, haben Frau Merkel und die Union Abstriche vorgenommen - auch um scheinbar eine Vereinbarkeit des Steuerkonzepts mit zum Beispiel der Kopfpauschale herzustellen.
Jetzt sollen die Steuerpflichtigen auch auf die letzten, geringen Steuerentlastungen verzichten, die die Union nach mehrmaliger Korrektur ihrer Steuer-Fata Morgana noch versprochen hatte. Zwar sagt der CDU-Generalsekretär Kauder wider besseres Wissen immer noch, es müsse nach der Bundestagswahl eine weitere Steuerentlastung geben, damit die Täuschung durch die Union nicht sofort offenbar wird. Andere in der Union versuchen allerdings die Flucht nach vorne und nehmen bereits deutlich Abstand von den von Anfang an unseriösen Versprechungen der Union in der Steuerpolitik.
Im Gegenteil: Anstatt der versprochenen Steuersenkungen reden CDU-Ministerpräsidenten schon von einer Mehrwertsteueranhebung. Die CDU will die Wähler also nach Strich und Faden täuschen. Das belegt auch die jüngste Argumentation Kauders, der seine Steuersenkungsversprechungen mit Wachstumseffekten finanzieren will, obwohl die Union diese Effekte bei dem im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Körperschaftsteuersatzsenkung gerade vehement bestreitet. Der Wähler wird schnell merken, dass diese Steuerpolitik der Union jede Glaubwürdigkeit verloren hat.
Gerade für Gering- und Durchschnittsverdiener würde es unter einer CDU/CSU/FDP-Bundesregierung zu Mehrbelastungen kommen: Nach dem Beschluss, Bundestagsneuwahlen anzustreben, erklärt die Union immer offener und ungeschminkter, substanzielle Steuervergünstigungen für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu streichen. Die Pendlerpauschale wird vom CDU-Finanzminister Stratthaus aus Baden Würtemberg, die Steuerfreiheit für Nacht- und Feiertagszuschläge wird vom CDU-Bundestagsvizefraktionsvorsitzenden Meister einkassiert. Der CDU-Fraktionsvize Pofalla stellt auch die Eigenheimzulage infrage.
Damit ist zumindest die Zielrichtung der CDU auch in der Steuerpolitik klar: Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die auf bestimmte Steuervergünstigungen angewiesen sind, werden verlieren; das so gewonnene Finanzierungsvolumen wird "nach oben" in den Bereich der Besserverdienenden geschoben - geplant ist zum Beispiel eine Senkung des Spitzensatzes der Einkommensteuer auf klar unter 40 Prozent.
Es ist gut, dass endlich klarer wird, in welche Richtung die Union will - auch wenn sie immer noch nicht zu schlüssigen und finanzierbaren Konzepten fähig ist.
Immer wenn es konkret wurde, wie vor einem Jahr bei den Verhandlungen der CDU mit der CSU zur Kopfpauschale, dann wurde das offensichtlich. Die Wähler werden es nicht mehr durchgehen lassen, dass die Union immer noch nur Eckpunkte, Feststellungen, Grundsätze oder andere unverbindliche Worthülsen vorlegt. Jetzt gilt: Klare Konzepte statt schwammiger Worte und konkrete Aussagen statt nebulöser Formulierungen. Jetzt ist Schluss mit der Offensive der leeren Worte der Frau Merkel.