Das erste echte „gesamtdeutsche“ Rock-Konzert für Berlin fand am Sonntag, dem 12. November 1989 – drei Tage nach dem Fall der Mauer – statt. Der phantastische Auftritt dauerte elf Stunden. Begeisterung kennt eben keine Grenzen. Zirka 50.000 Besucher kamen in die West-Berliner Deutschlandhalle. Die „üblichen Verdächtigen“ wie Udo Lindenberg, Nina Hagen, Silly, BAP, Joe Cocker, H.R.Kunze, Konstantin Wecker wollten Jugendlichen aus Ost-Berlin und der DDR begrüßen (Das Konzert gibts noch zum Streamen, Downloaden oder kaufen, siehe Bild oben).
Es war der ewig nuschelnd nörgelnde Udo Lindenberg, der mit dem grandiosen „Sonderzug nach Pankow“ seit Mitte der Achtziger Jahre für Aufruhr in der deutsch-deutschen Musikszene sorgte. Mit Billigung vom Politbüro durften in dieser Zeit westdeutsche Schlagerfuzzis meist vor ausgesuchtem Publikum ihr Liedgut in der DDR zum Besten geben. „Nur der kleine Udo eben nicht!“ Udo wuchs mit dem Sonderzug zum alten Rocker Honni zur Ikone heran.
Der Ost-Export von DDR-Schlager florierte übrigens. Gegen Devisen – also Westgeld -, das die staatlich gelenkte Planwirtschaft unbedingt zum Überleben brauchte. Hier sollten wir kurz der 7 Brücken gedenken, über die im Osten Karat (ab 1978) und ab 1980 im Westen Peter Maffay gingen. Ab 1990 sangen sie „Über sieben Brücken musst Du gehen“ auch gemeinsam. Es erzählt übrigens von einer unglücklichen Beziehung zwischen einem Polen und einer Deutschen.
Unbestrittenes Wendelied ist jedoch Wind of Change. Scorpions-Chef Klaus Meine schrieb die Hymne im September 1989. Es erschien 1990 auf dem Album Crazy World. 2005 wurde es zum Jahrhundert-Hit gekürt. Allerdings: Es geht nicht um die Mauer, sondern um Perestroika und Glasnost. Vor ihrem Konzert in Moskau vor wenigen Tagen im November 2019 besuchten die Scorpions den Urheber von Transparenz und Umstrukturierung, Michael Gorbatschow (88). Die Hard-Rock-Musiker und der Mann, der das Tor des Eisernes Vorhang aufstieß, sind Freunde.
Die Stimmung auf den ersten Moskauer Konzerten der Scorpions Mitte der 80er verarbeitete Klaus Meine mit seinem Wind of Change. Er schrieb es im September 1989 und erschien 1990 auf dem Album Crazy World und 1991 schließlich als Single. Das bis heute erfolgreichste Lied der Band wurde im Laufe der Zeit zum weltweiten Soundtrack vom Fall der Berliner Mauer im November 1989 und dem Untergang der Sowjetunion. Der Kalte Krieg seit 1945 war beendet.
Das Lied wurde von den Scorpions später auch in einer russischen und spanischen Version aufgenommen. In der ZDF-Sendung Unsere Besten wurde Wind of Change im Jahr 2005 zum Deutschen Jahrhunderthit gewählt.
Besonders eindruckvoll fing der britische Sänger Sting das Gefühl von Wende mit seinem Song Russians ein: "Believe me whenn I say too you Ihope the russians love their children too". Der todernste Hintergrund der poetischen Zeilen: US-Präsident Ronald Reagan wollte die Russen mit einem mördernischen Wettrüsten in die Knie zwingen und bezeichnete die Sowjetunion als Amageddon. Wenn auch versehentlich bei einer Sprechprobe an einem Mikrophon.
So wie Wind of Change von den Scorpions zum „Mauerlied“ aufstieg, so wurde teilweise auch „The Wall“ von Pink Floyd fremdbesetzt. The Wall handelt von britischen Schülern und der Psyche von Roger Waters: „Teacher, leave us Kids alone!“ An der ehemaligen Berliner Mauer, auf dem Potsdamer Platz führte im Juli 1990 der Komponist und Pink-Floyd-Bandleader das legendäre Doppelalbum „The Wall" aus dem Jahr 1979 in voller Länge auf - ein Stück Konzertgeschichte mit zahlreichen Gaststars wie Bon Jovi, Scorpions, Bryan Adams, Sinéad O'Connor, Cyndi Lauper, Garth Hudson, Thomas Dolby, Joni Mitchell, Marianne Faithfull, Levon Helm, Rick Danko, Garth Hudson und Van Morrison.
Heute ein wenig in den Hintergrund geraten ist Freiheit von Marius Müller Westernhagen (MMW). Das Stück erschien nur wenige Wochen vor der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 und gilt ebenfalls als "Hymne" derselben. Das Lied blieb 23 Wochen in den deutschen Charts.
Zu den Gewinnern der Wende gehören eindeutig Die Prinzen. Die aus Leipzig stammende Musikgruppe besteht aus Chorknaben, also ehemaligen Sängern des Thomaner Knabenchors. Mit fast sechs Millionen verkauften Tonträgern gehören sie zu den erfolgreichsten deutschen Bands. Ihre bekanntesten Hits sind unter anderem Millionär (1991), Mann im Mond (1991), Küssen verboten (1992), Alles nur geklaut (1993), Du musst ein Schwein sein (1995) und Deutschland (2001).
Es gehört zur Tragik der Geschichte, das etliche Musiker aus der DDR nach der Wende in der Versenkung verschwanden. So wie eine zeitlang Limo, Schrippen, Süßes, Yoghurt, Wurst aus dem West kommen mussten, egal wie das Zeug schmeckte und taugte, war West-Musik angesagt!
Auch wenn diese, höflich formuliert, dämlich war. Das Geträller war angesagt. Zehn Jahre vor der Wende also 1979 jubilierten und stampften Dschinghis Khan ihr Moskau. Kompositionen und Texte „Made in GDR“ waren dagegen intellektuelle Höchstleistungen. Das ist aber eine eigene Geschichte.
Ein Treppenwitz der Geschichte: Partei und Zensur forderten zu Texten, die zwischen den Zeilen zu lesen waren, geradezu heraus zum Einsatz des Hirns. Im Westen langten, mit Verlaub gesagt Frisur und bunte Klamotten.
Schauen Sie auf eine Liste mit Schlagern und Hits, die (auch näherungsweise) zum Thema Mauer und Wende passen. Zusammengestellt aus dem Musik-Box-Fundus von Pitt Ruppert, der tatsächlich über 5000 Singles sein eigen nennt!
Name/Band |
Lied |
Album/Quelle/Ausführung |
Jahr |
Adventures, The |
Your Greatest Shade Of Blue |
Put Me Together Again |
1990 |
BAP |
Verdamp Lang Her |
Waschsalon |
1981 |
Beatles, The |
Something |
Come Together |
1969 |
Bee Gees |
Spirits (Having Flown) |
Wind Of Change |
1980 |
BELINDA CARLISLE |
Heaven Is A Place On Earth |
We Can Change |
1987 |
Cats, The |
Let's Go Together |
Linda |
1973 |
Chicago |
If You Leave Me Now |
Together Again |
1976 |
Chris De Burgh |
The Lady In Red |
Borderline |
1986 |
Christian Anders |
Die Mauer |
The Wall |
1986 |
Cream |
Sunshine Of Your Love |
I Feel Free |
1980 |
David Hasselhoff |
Looking For Freedom |
|
1989 |
Elton John |
NIKITA |
THE MAN WHO NEVER DIED |
1985 |
Flemming |
Wenn Dich Freunde Erwarten |
Instrumental |
1989 |
Fortunes, The |
Freedom Come, Freedom Go |
There's A Man |
1971 |
Freddy Breck |
Überall Auf Der Welt |
Ohne Grenzen |
1972 |
John Fogerty |
Rockin' All Over The World |
The Wall |
1975 |
KARAT (DDR) |
Über sieben Brücken |
Blues |
1979 |
Lucas Trio (4) |
Wir Seh'n Uns Wieder In Berlin /
Eine Tüte Luft Aus Berlin |
Besuch Mich Doch Mal Am Abend / Herr Ton Und Frau Tönchen |
1952 |
Mac & Katie Kissoon |
I've Found My Freedom |
Pidgeon |
1972 |
Marbles |
The Walls Fell Down |
Love You |
1969 |
Marc Seaberg |
Looking For Freedom |
Shorty |
1978 |
Marius Müller Westernhag |
Freiheit (Live) |
Es Geht Weiter (Live) |
1990 |
Medicine Head |
One and One Is One |
Out On The Street |
1973 |
Mike Batt |
The Winds Of Change |
Echo Foxtrott |
1980 |
Nina & Mike |
Das Lied Der Liebe |
Ketten, Mauern Und Stacheldraht |
1975 |
Ocean |
Put Your Hand In The Hand |
Tear Down The Fences |
1971 |
Oktopus |
I'm So In Love With You |
Livin' This Side Of Freedom |
1974 |
Pink Floyd |
Another Brick In The Wall Teil 2 |
One Of My Turn |
1979 |
Pop Tops |
Mamy Blue |
Road To Freedom |
1971 |
Prinzen, Die |
Millionär |
Millionär (A-Capella-Version) |
1991 |
Puhdys |
He, John |
Was Vom Leben Bleibt |
1981 |
Puhdys |
Wilde Jahre |
Die Sterne Verspäten Sich Nicht |
1977 |
Queen |
I Want To Break Free |
Machines ("Back To Humans") |
1984 |
Rockhaus (4) |
Träume, Träume / Gefühle |
Bleib Cool / Ohne Dich |
1988 |
ROLLING STONES |
Get Off Of My Cloud |
I'm Free |
1965 |
SANDRA |
WE'LL BE TOGETHER |
IT MEANS FOR EVER (INSTR) |
1989 |
Scorpions |
Wind Of Change |
Restless Nights |
1991 |
Spreetaler Musikanten |
Hasenstall-Song |
Berliner Schwoof Im Hinterhof |
1986 |
Stern Combo Meißen |
Also was soll aus mir werden |
Die Erde schweigt |
1963 |
Sting |
Russians |
The Dream of the Blue Turtles |
1985 |
UDO LINDENBERG |
Hinterm Horizont Geht's Weiter |
Sternenreise |
1987 |
UDO LINDENBERG |
Sonderzug Nach Pankow |
Sternentaler |
1983 |
URIAH HEEP |
Free Me |
Masquerade |
1977 |
Wham! George Michael |
Freedom |
dito Instrumental |
1984 |
Who, The |
Join Together (Tommy) |
Baby Don't Do It |
1972 |